Heide-Marie Härtel

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Über die Diskussion Kultur Passage Bremen – Ein Tanzhaus für Bremen im Gerhard-Marcks-Haus mit prominenten ExpertInnen und Bremer PolitikerInnen auf dem Podium berichtet die Tanzjournalistin Martina Burandt im online-Magazin/Forum tanznetz.de. Hier lesen Sie Auszüge aus ihrem Artikel.

 

TANZSTADT BREMEN!
Hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion „RÄUME FÜR DEN TANZ“ will das Feuer für den Tanz in Bremen neu schüren

Martina Burnadt am 24.5.2019 auf tanznetz.de

 

“Die freie Tanzszene Bremen stellt unter der Initiative von Deutschem Tanzfilmsititut Bremen, steptext dance project und tanzbar_Bremen Pläne für ein Tanzzentrum vor.

 

Die freie Bremer Tanzszene träumt von einem Haus für den Tanz. Für die Hansestadt, die als Haushalt-Notlage-Bundesland gilt, mag sich das zunächst utopisch anhören. Doch können Träume wahr werden, wenn sie bedacht und mutig zugleich angegangen werden. Mit dem richtigen Konzept, engagierten ProjektleiterInnen und der passenden Unterstützung durch Politik und Wirtschaft hat sich schon manche kluge Idee zum Zugpferd für eine Stadt entwickelt. Und ist es nicht so, dass bereits die Gebrüder Grimm mit Esel, Hund, Katze und Hahn die Hansestadt für eine Hoffnungsträgerin hielten? Und ist es zudem nicht ein Fingerzeig, dass die ‚furchtlosen Vier‘ ausgerechnet in diesem Jahr ihren 200. Geburtstag feiern?

„Bremen ist eine große Tanzstadt“, stellte Heide-Marie Härtel vom Deutschen Tanzfilminstitut zum Anfang der Veranstaltung fest. „Hier ist das Tanztheater erfunden worden, nicht in Wuppertal.“ Seit Dezember 2018 entwickeln die LeiterInnen des Deutschen Tanzfilminstituts Bremen (das die weltweit größte Tanzvideosammlung betreibt), steptext dance project, (ein international eingebundener Tanzproduzent und Veranstalter) und tanzbar_bremen (anerkannter Vorreiter der Inklusion im Kunstbetrieb) mit weiteren Fachleuten das Konzept „KULTUR PASSAGE BREMEN – Ein Tanzhaus für die Stadt“. Das Projekt entstand als Reaktion auf den Kulturförderbericht der Stadt in Bezug auf den Bedarf von Räumen und Ressourcen für die freie Tanzszene. Dabei soll eine Gesamtstrategie zur Verbesserung der räumlichen Infrastruktur für den Tanz, seiner Sichtbarkeit, Anerkennung und Bedeutung innerhalb der Bremer Kulturlandschaft und weit darüber hinaus verfolgt werden.

Die Zusammenarbeit und Vernetzung zielt auf den gesamten Zyklus der Tanzproduktion von Recherche, Entwicklung, Tanzforschung, Produktion, Präsentation, Vermittlung, Vertrieb, Dokumentation und Archivierung. Langfristig soll dies zu neuen Arbeitsfeldern für Tanzschaffende in Bremen führen und die
gesamte Szene stärken – von Ensembles über EinzelkünstlerInnen, ProduzentInnen, VeranstalterInnen bis hin zu TanzvermittlerInnen. Mit 3600 Quadratmetern wird der Raumbedarf von den Initiatoren beziffert, wobei gemeinschaftlich genutzte Säle, ein Foyer, Backstage-Bereiche, Gästewohnung sowie ein Archiv, ein Vermittlungszentrum, Proben- und Lagerräume eingerechnet wurden. Dabei soll der Hauptteil der Fläche aus einer barrierefreien Bühne, samt tanzspezifischer Ausstattung bestehen.

Bisherige Idee ist es, den jetzigen Standort von steptext dance project und tanzbar_bremen, die Bremer Schwankhalle, um- und auszubauen. Die Kosten dafür werden in einem ersten Entwurf auf 14-18 Millionen Euro geschätzt. Die Personalkosten eines Tanzhauses, dazu gehören Posten wie Betriebsbüro, Hausmeister, Reinigung, berechnet das Entwurfspapier auf rund 180.000 Euro pro Jahr. Der Zeitplan des Projekts ist ehrgeizig; Helge Letonja von steptext sieht das Jahr 2024 als Wunschtermin für den Einzug und den Beginn der Arbeit.

 

Um die Sache professionell voranzutreiben, stellten die AkteurInnen – Heide-Marie Härtel und Hartmut Sebel vom Tanzfilminstitut, Helge Letonja von steptext und Günther Grollitsch von tanzbar_bremen – nun ein Podium mit nationalen ExpertInnen zusammen, das sich am 13. Mai 2019 im Bremer Gerhard-Marcks-Haus traf. Ziel des hochkarätig besetzten Podiums war, das Konzept kritisch auf seine Tragfähigkeit zu überprüfen und ergebnisoffen weiterzuentwickeln. In der Idee, die neben dem professionellen Tanz auch Arbeitsfelder wie Inklusion, forschende Tanzmedizin, Tanzausbildung, Tanz und Schule sowie Stadtteilarbeit beinhaltet, steckt nicht nur für Heide-Marie Härtel eine verheißungsvolle Möglichkeit, an die Bremer Tanztradition mit Namen wie Susanne Linke, Reinhild Hoffmann, Hans Kresnik und Urs Dietrich anzuknüpfen. Die Moderation der Podiumsdiskussion übernahm Michael Freundt, Geschäftsführer des Dachverband Tanz Deutschland. Es diskutierten Nele Hertling (Direktorin der Sektion Darstellende Kunst, Akademie der Künste Berlin), Ann-Cathrin Lessel (Geschäftsführung LOFFT – DAS THEATER Leipzig), Bertram Müller (Mitbegründer und langjähriger Leiter des tanzhaus nrw Düsseldorf), Dr. Elisabeth Nehring (Tanzkritikerin, Journalistin und Koordinatorin des Runden Tisches Tanz, TanzRaumBerlin) und Melanie Suchy (Tanzjournalistin, die an der Folkwang Hochschule Essen lehrt).

68 TeilnehmerInnen aus der Tanz- und Kulturszene sowie aus der Bremer Politik beteiligten sich an der Veranstaltung, der am Nachmittag unterschiedliche Fachgruppentreffen vorausgingen.

 

In der Diskussion mit der Bremer Politik, stellte die Arbeitsgruppe Tanzhaus zunächst fest, dass in Bremen für die freie Szene eine Bühne mit entsprechender Größe für den Tanz fehle. Erst eine Bühnengröße von 14 x 16 Meter entspräche dem Raumbedarf, um größere Arbeiten zu zeigen und eine Sitzplatzkapazität ab 350 Zuschauer sei Voraussetzung dafür, Tanzveranstaltungen kostendeckend und wirtschaftlich zu veranstalten. Die politischen Vertreter würdigten das Engagement der Initiativgruppe und der Tanzszene wie auch die Qualität der Veranstaltung. Auch dass tanzbar_bremen dringend barrierefreie Räume benötige und eine geeignete Bühne für größere Produktionen fehle, wurde als Defizit erkannt. Doch insgesamt tendierten die VertreterInnen von SPD, Grüne und Linke eher dazu, die Raumfrage für die Freie Szene insgesamt in den Blick zu nehmen, um interdisziplinär miteinander arbeiten zu können.

 

Bertram Müller vom tanzhaus nrw, der sich ein Tanzhaus, ähnlich wie die Initiativgruppe, als künstlerisches Powerhaus vorstellt, an dem TänzerInnen, ChoreografInnen und DozentInnen auch ihr Geld verdienen, positionierte sich deutlich gegen das „Gießkannenprinzip“ der Politik. Auch Heide-Marie Härtel schlug vor, einmal die Reihenfolge vor die Gleichbehandlung zu setzen. „Jetzt ist der Tanz mal dran!“, konstatierte sie, während Nele Hertling von der Akademie der Künste, Berlin, herausstellte, dass es dem Tanz leider „noch nicht gelungen ist, die entsprechende Anerkennung innerhalb der Künste wie auch in Gesellschaft und Politik zu bekommen, obwohl diese großartige Kunstform eine integrative und identitätsstiftende Kraft besäße. Und sie fragte weiter, ob Kulturpolitik nicht eine in die Zukunft gerichtete Aufgabe ist und ob es nicht für Bremen eine bessere kulturpolitische Aufgabe sei, den Tanz mit einem Tanzhaus zu stärken, anstatt „in der Breite erst mal Ruhe zu schaffen. [...]

 

Für Bertram Müller ist ein Tanzhaus „eine Antwort auf eine grundlegende Struktur in Deutschland.“ Anders als die subventionierten Staatstheater, seien die „Tanzhäuser fähig, internationale Koproduktionen über Städte hinweg, über Länder hinweg zu koproduzieren, und das ist der Trend in Europa.“ Abschließend bewerteten die geladenen ExpertInnen das vorgelegte Konzept der Initiativgruppe für Bremen positiv und verwiesen auf die Qualität und Dynamik der Bremer Tanzszene. Hier gäbe es gelebte Kooperationen und starke Akteure mit internationaler Vernetzung. Inwieweit sie die politischen VertreterInnen anregen konnten, über die bundesweit wirkungsvolle Kraft eines Tanzhauses nachzudenken, wird sich zeigen.
„Ich bin der Meinung, dass es Sinn macht, in die Zukunft zu denken“, sagte Tanzkritikerin Elisabeth Nehring. „Welches Profil will ich kulturell als Stadt zeigen? Gibt es eine bestimmte Exzellenz, etwas, das über Bremen hinaus strahlt? Und da hat Bremen natürlich eine Menge Vorlage für den Tanz.“
[...] ”

 

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